10 Usability-Überblick
10.1 Grundlagen
Die Grundlagen der Benutzbarkeit gelten für das Design aller Produkte.
- Einfachheit: keine überflüssige Funktionalität, schnell zu erlernen.
- Effizienz: Aktionen müssen sich mit minimalem Aufwand durchführen
lassen.
- Fehlertoleranz: Fehlbedienungen sollten so weit wie möglich
vermieden werden und keine negativen Folgen haben.
- Vorhersehbarkeit: Der Anwender muß ahnen, was passiert, bevor er
etwas Bestimmtes tut.
- Transparenz: Der Anwender muß wissen, wo er sich befindet, oder in
welchem Zustand das Produkt ist.
10.2 Menschen
Die Mechanismen von Lernen, Wahrnehmung und Gedächtnis sind bei allen
Menschen gleich.
- Das Gedächtnis funktioniert relativ schlecht. Schon in wenigen Tagen
vergessen Menschen viele Informationen wieder.
- Die Wahrnehmung ist bei allen Menschen ähnlich und den
Bedürfnissen von Affen angepaßt.
- Denken beruht zum großen Teil auf Assoziationen mit Bekanntem.
Für komplexe Sachverhalte benutzen Menschen ein vereinfachtes
Funktionsmodell im Kopf.
- Es gibt verschiedene Arten von Intelligenz, die bei Menschen
unterschiedlich stark ausgeprägt sind.
- Es gibt verschiedene Anwender: Profis, Gelegenheitsanwender,
junge, alte, kleine, große, kluge, dumme.
- Umwelteinflüsse verändern die normalen Fähigkeiten von Menschen:
Dunkelheit, Licht, Kälte, Wärme, Streß, Alkohol.
10.3 Soziologische Aspekte
- Innerhalb einer Firma gibt es verschiedene Gruppen, die oft nicht das
beste Bild voneinander haben. Das läßt sich häufig schon an den
gruppeninternen Bezeichnungen für gruppenexterne Mitarbeiter erkennen.
Beispiele:
- Krawattenträger (Manager, Projektleiter)
- Marketing-Fuzzis (Marketing-Mitarbeiter)
- Web-Daddler (Webdesigner)
- Usability-Heinis (Usability-Experten)
- Codierschweine (Programmierer)
Zwischen diesen Gruppen kommt es zu Kampfspielen, die den
Entwicklungsprozess hemmen.
- Sprechen Sie Probleme und Schwachstellen offen an. Viele Designdesaster
entstehen durch Schönfärberei und Vertuschung. Wenn das nicht
funktioniert, was meistens der Fall ist, versuchen Sie es einmal mit einem
schwarzen Team, wie in [21] beschrieben.
- Führungspersonen und Entwickler haben oft eine Scheu davor, Anwender
über das Produktdesign bestimmen zu lassen, weil sie fürchten, daß dadurch
ihre Position ausgehöhlt wird.
- Im Gegensatz zu anderen Fachgebieten hat fast jeder eine Meinung zur
Usability, auch wenn er sich nie mit der Thematik beschäftigt hat. Es ist
gefährlich, wenn unfundierte Meinungen in die Usability eines Produktes
einfließen.
10.4 Usability-Tests
Es gibt verschiedene Arten von Usability-Tests. Tests mit Anwendern sollten
jedoch in jedem Fall durchgeführt werden.
- Anwendertest: Anwender bearbeiten Testaufgaben. Ein
Usability-Experte protokolliert den Verlauf.
- Expertenanalyse: Experten beurteilen ein Produkt.
- Heuristischer Test: Experten oder ausgebildete Laien beurteilen
ein Produkt anhand festgelegter Kriterien (Heuristiken), beispielsweise
den Grundlagen der Usability: Einfachheit, Effizienz, Fehlertoleranz,
Transparenz, Vorhersehbarkeit.
10.5 Empfehlungen für den Entwicklungsprozess
- Hüten Sie sich vor starren Entwicklungsprozessen. Planen Sie,
was planbar ist, und lassen Sie Raum für Unvorhergesehenes und
Verbesserungen. [30]
- Entwerfen Sie ein Produkt von Anfang an im Hinblick auf den
Anwender.
- Stellen Sie eine Liste von Aufgaben zusammen, die Anwender mit dem
Produkt erledigen müssen. Beurteilen Sie diese Aufgaben nach:
- Relevanz
- Häufigkeit der Nutzung
- Erstellen Sie typische Profile Ihrer Anwender. Beispiel:
- Heimanwender
- langsamer Computer
- 800x600Pixel-Bildschirm
- veralteter Browser
- kommt mit Computern schlecht zurecht
- Klären Sie den Kontext der Anwendung. Beispiele:
- Arbeitsablauf
- Umgebung
- Temperatur
- Geräusche
- Geruch
- Streß
- Beziehen Sie Anwender möglichst früh mit in den Entwicklungsprozeß ein.
Finden Sie heraus, was der Kunde benötigt. Das ist nicht unbedingt das,
was er will.
- Beachten Sie eventuell vorhandene Standards. Das können auch
Quasistandards sein. Falls ein bestimmtes Konzept weit verbreitet ist,
sollten Sie nur dann davon abweichen, wenn die Alternative wesentliche
Vorteile bringt.
- Entwerfen Sie verschiedene Bedienkonzepte.
- Übernehmen Sie die besten Konzepte der Konkurrenz.
- Entwerfen Sie Worst Case Szenarios, um die Fehlertoleranz zu optimieren.
- Bringen Sie unterschiedliche Abteilungen in einer Firma dazu,
zusammenzuarbeiten.
- Führen Sie während des Entwicklungsprozesses Usability-Tests durch.